CO₂-Nutzung verwandelt Abfälle in Wertstoffe
Durch CO₂-Abscheidung können Treibhausgasemissionen zwar wirksam reduziert werden, das Verfahren verursacht aber hohe Kosten. Die Nutzung von CO₂ bietet eine vielversprechende Lösung, da sie die Kosten teilweise ausgleicht und branchenübergreifend nachhaltigere Arbeitsweisen ermöglicht.
In Kürze
- Die Nutzung von CO₂ kann die Kosten der CO₂-Abscheidung teilweise ausgleichen, denn sie wandelt das abgeschiedene CO₂ in wertvolle Produkte um, anstatt es nur zu speichern und dadurch zusätzliche Kosten zu verursachen.
- Technologien zur CO₂-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung können in einer Vielzahl von Branchen angewendet werden. Zu nennen sind hier u. a. die Entwicklung nachhaltiger Baumaterialien für die Bauwirtschaft, die Herstellung erneuerbarer Kraftstoffe für den Verkehr, die Synthese von Chemikalien und Polymeren in der Chemie, die Ölgewinnung (Enhanced Oil Recovery) in der Öl- und Gasindustrie und die Verbesserung der Ernährungssicherheit in der Agrarindustrie.
- Die CO₂-Nutzung ist ein Beispiel für eine Kreislaufwirtschaft, denn das aus Abfallströmen gewonnene CO₂ wird einer neuen Verwendung zugeführt.
- Die hohen Kosten der Technologie zur CO₂-Abscheidung, die erforderlichen großen Investitionen in die Infrastruktur und der Bedarf an erneuerbaren Energiequellen stellen hohe Hürden für eine breite Einführung dar.
- Kontinuierliche Forschung und Entwicklung werden zusammen mit den weltweiten Nachhaltigkeitsbemühungen voraussichtlich Innovationen vorantreiben, die Kosten der CO₂-Abscheidung senken und den Weg für eine breitere Anwendung in verschiedenen Branchen ebnen.
Mehrwert schaffen
CO₂-Abscheidung ist eine innovative Lösung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Industrie. Nachdem Kohlendioxid aus den Abgasströmen der Prozesse abgeschieden ist, wird es üblicherweise von seinem Ursprungsort zur langfristigen unterirdischen Speicherung transportiert. Die Technologie und die laufende Überwachung der Speicherstätten sind allerdings sehr teuer.
Um die Kosten teilweise auszugleichen, könnte das abgeschiedene CO₂ zur Wertschöpfung genutzt werden, anstatt es einfach nur zu speichern. Dieses Verfahren, das als CO₂-Recycling bezeichnet wird, gehört im weiteren Sinne zu den CCUS-Verfahren (Carbon Capture,Utilization and Storage), d. h. CO₂-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung. Es handelt sich um eine kollektive Lösung, die dazu beitragen soll, die Netto-Null-Emissionsziele bis 2050 zu erreichen und den Klimawandel einzudämmen.
Herausforderungen in Chancen verwandeln
Derzeit scheidet die Industrie jährlich 45 Mio. Tonnen CO₂ aus Abgasströmen ab. Dies entspricht etwa 0,1 % der weltweiten Emissionen aller Wirtschaftssektoren. Laut den Klimamodellen des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change)und der Internationalen Energieagentur könnten durch CCUS-Verfahren bis 2030 die erstaunlichen Mengen von einer Milliarde Tonnen CO₂ pro Jahr und bis 2050 mehrere Milliarden Tonnen CO₂ pro Jahr abgeschieden werden. Wenn die CO₂-Emissionen aus der Industrie und anderen Sektoren bei Erreichen dieser Kapazität in etwa gleich bleiben, könnten die Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre um etwa 10 % gesenkt werden.
Wichtige Erkenntnisse
Modelle internationaler Klimaforscher sagen voraus, dass bis 2050 fast 10 % des Kohlendioxids abgeschieden werden können, das anderenfalls die Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre hoch weiter erhöht hätte.
CCUS-Technologien erfordern zuverlässige Messungen an kritischen Punkten, um die Qualität und Sicherheit der Prozesse zu gewährleisten. Üblicherweise sind dies Füllstand, Durchfluss, Temperatur, Druck, Flüssigkeitsanalysen und immer häufiger auch Gasanalysen mithilfe von Raman-Spektroskopie und TDLAS-Analysatoren.
Angesichts der hohen Kosten für die Abscheidung von CO₂ ist die Möglichkeit, erhebliche Mengen dieses Gases in ein wertvolles Produkt umzuwandeln, für Unternehmen, die CCUS-Technologien einsetzen, durchaus interessant. Eine CO₂-Nutzung kann für eine Vielzahl von Anwendungen und Branchen Vorteile bieten. Hier sollen nur einige unter vielen weiteren Beispielen genannt werden:
Bessere Baumaterialien für die Bauindustrie
Die Bauindustrie ist für ihren hohen Energieverbrauch und ihren großen CO₂-Fußabdruck bekannt. Sie kann die Abscheidung und Nutzung von CO₂ für die Entwicklung nachhaltigerer Baumaterialien einsetzen. Bei herkömmlichen Verfahren der Zementherstellung werden Materialien auf über 1450 °C erhitzt. Dazu werden normalerweise schweres Heizöl, Kohle, Erdgas oder andere aus Abfall gewonnene Brennstoffe verwendet. Bei der chemischen Reaktion, die normalerweise in der Zementherstellung verwendet wird, muss außerdem Calciumcarbonat in Calciumoxid-ähnliche Verbindungen umgewandelt werden, und dabei entsteht als Nebenprodukt CO₂. Insgesamt sind diese Emissionen für etwa 7 % der weltweit erzeugten Treibhausgase verantwortlich.
Sie können jedoch durch CO₂-Abscheidung aus dem Abgasstrom mittels Aminwäsche und die Eindüsung von CO₂ in den Frischbeton während des Mischvorgangs reduziert werden. Das zugeführte CO₂ reagiert mit den in der Betonmischung vorhandenen Calciumionen und bildet Calciumcarbonat, ein natürlich vorkommendes Bindemittel. Dies reichert den Beton an und erhöht seine Druckfestigkeit. Gleichzeitig wird CO₂ dauerhaft gebunden, sodass keine Speicherung und Überwachung in geologischen Formationen mehr benötigt wird.
Diese erhöhte Festigkeit des Betons ermöglicht Materialreduzierungen bei Bauprojekten mit entsprechenden Einsparungen, die die Kosten für die Aminwäsche teilweise ausgleichen. Darüber hinaus kann die CO₂-Eindüsung mit minimalen Änderungen an der vorhandenen Infrastruktur in die Prozesse der Betonproduktion integriert werden.
Kohlendioxid kann auch zur Herstellung synthetischer Zuschlagstoffe verwendet werden. Sie sind ein wichtiger Bestandteil von Beton und können so herkömmliche, durch Bergbau aus der Erde gewonnene Zuschlagstoffe ersetzen. Innovative Forscher untersuchen zudem die Entwicklung von Beton-Alternativen auf Basis von Biomasse mit negativer CO₂-Bilanz, bei denen der Produktionsprozess mehr CO₂ absorbiert als emittiert.
Nachhaltiger Kraftstoff für den Verkehr
Im Verkehr, der bislang stark von fossilen Kraftstoffen abhängig ist, kann die CO₂-Nutzung bedeutende Vorteile für mehr Nachhaltigkeit bieten. Durch verschiedene chemische Prozesse kann das abgeschiedene CO₂ in erneuerbare Kraftstoffe wie Methanol und nachhaltige Luftfahrttreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels – SAF) umgewandelt werden und damit den CO₂-Fußabdruck der Branche reduzieren.
Zur Herstellung von erneuerbarem Methanol wird abgeschiedenes CO₂ mit grünem Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators bei hoher Temperatur und hohem Druck zur Reaktion gebracht. Das Methanol kann entweder direkt als Kraftstoff für Fahrzeuge oder als Ausgangsstoff für andere Kraftstoffe wie Biodiesel verwendet werden.
Laut den Prognosen von S&P Global wird der Markt für erneuerbares Methanol bis 2050 ein Volumen von 400 Mio. Tonnen pro Jahr erreichen. Es bietet also ein enormes Potenzial. Bei der Verwendung von Methanol im Verkehrswesen sind allerdings noch einige Schwierigkeiten zu überwinden, beispielsweise muss eine spezielle Infrastruktur aufgebaut werden.
Um die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen zu verringern, werden auch in der Luftfahrt Möglichkeiten für die Verwendung von SAF-Treibstoffen untersucht. Für die Herstellung von SAF wird das abgeschiedene CO₂ zunächst in einem als „Reverse Water-Gas Shift“ bezeichneten Prozess mit Wasserstoff kombiniert. Dabei entsteht Synthesegas, d. h. eine Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff.
Anschließend wird das Synthesegas mithilfe des Fischer-Tropsch-Verfahrens in ein Kohlenwasserstoffgemisch umgewandelt. Das Kohlenwasserstoffgemisch wird einem Hydroprocessing-Verfahren unterzogen, um Verunreinigungen zu entfernen und die Eigenschaften des Treibstoffs anzupassen. Die Eigenschaften von Flugzeugtreibstoffen, u. a. Energiegehalt, Flammpunkt und Gefrierpunkt, müssen sorgfältig überwacht und kontrolliert werden.
Wichtige Erkenntnisse
Wenn SAF-Treibstoffe vollständig entwickelt und allgemein eingeführt sind, könnten sie Prognosen zufolge die Treibhausgasemissionen in der Luftfahrt um bis zu 65 % senken.
Polymerproduktion in der chemischen Industrie
Die chemische Industrie ist derzeit stark von fossilen Brennstoffen abhängig, in vielen Fällen kann Kohlendioxid jedoch als alternativer Rohstoff für die Herstellung einer Vielzahl von Chemikalien und Polymeren genutzt werden. Beispiele hierfür sind u. a. Harnstoff für Düngemittel, Kunststoffe und Verpackungsmaterialien.
Wenn CO₂ unter hohem Druck und hoher Temperatur mit Ammoniak reagiert, entsteht Ammoniumcarbamat. Bei der Zersetzung dieser Chemikalie entstehen Harnstoff und Wasser. Sie können weiterverarbeitet und als Feststoff granuliert werden, der dann als Dünger genutzt werden kann..
Kohlendioxid kann auch zur Herstellung von Polycarbonaten verwendet werden. Diese langlebigen und transparenten Polymere werden häufig in der Elektronik, in Brillen und in Fahrzeugteilen verwendet. Diese Polymere entstehen in Gegenwart eines Katalysators durch eine direkte Reaktion von CO₂ mit Epoxiden, d. h. einer Art zyklischem Ether.
Die Herstellung von Polyurethan ist ein weiterer wichtiger Einsatzbereich für Kohlendioxid in der chemischen Industrie. Polyurethane sind für ihre Vielseitigkeit und Anwendungsmöglichkeiten in Schaumstoffen, Beschichtungen und Dämmstoffen bekannt. Traditionell werden sie aus Polyolen hergestellt, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden. Hersteller können diese jedoch durch Polyole auf CO₂-Basis ersetzen. Damit verringern sie die Abhängigkeit von konventionellen Brennstoffen und reduzieren gleichzeitig den CO₂-Fußabdruck von Polyurethanprodukten.
Diese nachhaltigen Verfahren einer Kreislaufwirtschaft sind vielversprechend, im Wettbewerb mit der traditionellen, auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktion haben sie jedoch aufgrund der höheren Kosten der CO₂-Abscheidung keinen leichten Stand.
Verbesserte Ernährungssicherheit im Agrarsektor
Auch der Agrarsektor kann von der CO₂-Nutzung profitieren, sowohl bei Harnstoffdüngern als auch durch direkte Nutzung. Der Einsatz von Kohlendioxid in Treibhäusern kann das Pflanzenwachstum fördern und die Erträge steigern. Darüber hinaus kann abgeschiedenes CO₂ zur Kultivierung von Algen verwendet werden, die zu Biokraftstoffen, Tierfutter und Lebensmitteln verarbeitet werden.
Einführung von CCUS
Trotz ihres großen Nachhaltigkeitspotenzials müssen CCUS-Verfahren vor einer breiten Einführung noch erhebliche Hindernisse überwinden. Insbesondere Technologien zur CO₂-Abscheidung sind in der Umsetzung mit sehr hohen Kosten verbunden. Die Realisierung großer Anlagen zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen erfordert gewaltige Investitionen in die Infrastruktur und die Marktentwicklung. Regierungen und Nichtregierungsorganisationen werden voraussichtlich einen Großteil des benötigten Kapitals bereitstellen müssen.
Damit CO₂-Abscheidung und -Nutzung insgesamt nachhaltig sind, müssen die Prozesse darüber hinaus mit Energie aus erneuerbaren Quellen betrieben werden. Die Nutzung fossiler Brennstoffe für den Betrieb von CCUS-Technologien wäre kontraproduktiv und würde die Umweltvorteile zunichte machen.
Auch Forschung und Entwicklung werden ihren Beitrag leisten, um im Laufe der Zeit Prozesse zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Dadurch werden die Betriebskosten der CCUS-Technologie sinken. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit oder zumindest eine kostengünstige CO₂-Abscheidung ist für die breite Einführung in der Industrie von entscheidender Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer mehr Unternehmen und Verbraucher weltweit Wert auf Nachhaltigkeit legen.
Weitere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der CO₂-Abscheidung und -Nutzung werden dazu beitragen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und ein schädliches Nebenprodukt in eine wertvolle Ressource zu verwandeln. Die Nutzung von Kohlendioxid ist eine von vielen Möglichkeiten, die CO₂-Emissionen in verschiedenen Branchen zu senken und damit einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft zu leisten.